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Zum Gedenktag am 27. Januar 2020

Der Leistungskurs Geschichte der Q2 fragte sich anlässlich des 75. Gedenktages zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, wie heute noch angemessen an das Grauen erinnert werden kann, das die Rote Armee erstmals am 27. Januar 1945 erblickte, als sie das KZ befreite. An ein Grauen, das in den folgenden Wochen in die Köpfe der Deutschen eindrang, eindringen musste, um zu begreifen, was eine Gesellschaft in den letzten Jahren angerichtet hatte. Das Zusammenspiel nahezu aller Teile der damaligen Gesellschaft hatte Menschen hervorgebracht, die in der Schule von Rassen erfuhren und in der HJ hassen lernten, deren Presse und Propaganda Intoleranz und die unterschiedliche Wertigkeit von Menschen predigte und die ein Regierungssystem schufen, in dem ungestraft gegen Minderheiten nicht nur vorgegangen werden konnte, sondern das am Ende sogar die Ausrottung aller Juden in Europa offen als Ziel ausgeben konnte (sprachlich natürlich „schön“ verpackt). Und selbst auf den ersten Blick unverdächtige Behörden wie die Finanzverwaltung oder Justiz waren darin verstrickt.

In der szenischen Lesung in der Aula des Freiherr-vom-Stein Gymnasiums wurden Originalpassagen aus unterschiedlichsten Ideologie-Quellen des NS verarbeitet und miteinander verknüpft, woraus ein teils verstörender Text hervorging, der die Hintergründe der damaligen Verbrechen offenlegte. Diese Sätze sogar auf einer öffentlichen Bühne laut auszusprechen, fiel schwer und bedurfte des Rückhalts aller Beteiligten. Sie mussten in einem Kontext gestellt werden. Das damalige Denken – die Perspektive der Opfer – die scheinbar „unbeteiligten“ Deutschen – dem Geschichtsrevisionisten der Gegenwart. Die Auszüge sind jedoch wichtig, um den Nachgeborenen die Ungeheuerlichkeit der Holocausts „erahnbar“ zu machen und der LK-Geschichte reflektierte tiefgründig, komplex und differenziert über das Gelesene, woraus ein lautes und starkes Schlussstatement hervorging.

Die Zeitzeugen werden unweigerlich weniger, die vergangene Zeit macht ein Erfahren des Damaligen immer schwerer. Neue Herausforderungen im Land und in der Welt überlagern die Erinnerung an den Holocaust. Der Leistungskurs Geschichte fragte sich, wie wir nun mit diesem Thema umgehen wollen, zu dem auch schon so viel gesagt und geschrieben worden ist, so dass Martin Walser schon vor einem bloß ritualisierten Erinnern warnte.

Die Zitate stammen aus Reden und Texten u.a. von Heinrich Himmler, Alfred Rosenberg und anderen hohen Funktionären des NS-Regimes. Die Wucht der Worte und das, was sie erreichen wollten, machten den Kurs zunächst fassungslos, weil das Finden von Erklärungen für das Vergangene schwerfiel. Umso beeindruckender waren jedoch die Erwiderungsworte, die der Kurs im Laufe seiner Auseinandersetzung den menschenverachtenden Texten entgegen setzen konnte.

Am Ende der gemeinsamen Arbeit stand die szenische Lesung, die das Grauen in aller Klarheit, Abscheulichkeit und Härte zeigte, aber auch zum Appell und zur Einsicht führte, dass der Holo-caust und die Verbrechen des NS-Regimes nicht vergessen werden dürfen.


„Das ist das Schlimmste, was uns passieren kann: dass wir uns abfinden mit dem Nichtakzeptierbaren; wenn wir so weit gekommen sind, wenn wir als Gemein-schaft taube Ohren haben für das Getöse an Behauptungen, die in ihrer Implika-tion so schrecklich sind, dann müssen wir umso stärker dafür kämpfen, das Be-wusstsein unserer Vergangenheit nicht verschwinden zu lassen. Ehrlich gesagt verstehe ich Auschwitz nicht, vielleicht noch nicht und vielleicht nie—vielleicht will ich auch nicht verstehen, wie Menschen fähig sind, Grausames und einfach Unvorstellbares zu tun, doch geht es dabei nicht um das, was ich möchte, nicht um das, was ihr, was irgendwer möchte. Wir müssen verstehen lernen, wir müssen an Auschwitz verzweifeln, uns davor ekeln, wir müssen wollen, dass es nicht geschehen ist, weil wir erst dann verstehen können und weil wir erst dann wissen, warum es eben kein ,,Vogelschiss" unserer Geschichte, sondern der Tiefpunkt einer ganzen Gemeinschaft von Menschen war.“
- (Auszug aus der szenischen Lesung des Geschichte LK Q1)

 

 

 

 

 

Der Auftritt war mutig. Er provozierte. Doch am Ende stand die klare Warnung vor dem Vergessen und der Wiederholung. Wenn Schülerinnen und Schüler sich so intensiv mit dem Holocaust beschäftigen, ein so differenziertes Bild der Problematik entwickeln und zu einer so klaren Haltung kommen, gibt dies große Hoffnung, dass wir dieses Kapitel deutscher Geschichte hinter uns gelassen haben.


[Vielen Dank an die Verfasser der Texte: Ben Prokein, Jan Maasmann, Hendrik Kamp-schulte, Simon Radtke, Hannah Beutling, Franziska Muthmann, Gina und Lucy Schreiber, Friederike Bross, Milena Pielen und Jan Föcking.]

 

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